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Kischi

Auf einmal taucht sie hinter der dicken, schmutzigen Glasscheibe des Tragflügelbootes auf. Vor schnell dahinziehenden, graublauen Wolken ragen ihre zahlreichen Zwiebeltürmchen fast unwirklich in den Himmel. Die Christi-Verklärungskirche auf der Insel Kischi im Norden des Onegasees wurde Anfang des 18. Jahrhunderts angeblich ohne einen einzigen Eisennagel komplett aus Holz erbaut. Sie wird seit einigen Jahren renoviert, eigentlich sollte sie zu ihrem 300jährigen Jubiläum 2014 vollständig rekonstruiert sein. Davon kann allerdings noch lange nicht die Rede sein, zur Zeit fehlt ihr kompletter Mittelbau. Im unteren Bereich steht bereits die Konstruktion aus hellem Holz, in der Regel Kiefer; Metallgerüste tragen die alte Kuppel mit ihren 22 Türmchen, ein wenig wirkt es, als wollte man sie in die Lüfte heben.

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Am Ladogasee

Plötzlich taucht er zwischen den Kiefern am sandigen Ufer des Ladogasees auf. Er schleicht sich nicht an, sondern trottet gemächlich zwischen den Bäumen hin und her, schnüffelt mal hier, mal dort. Wir halten Ausschau nach seinen Besitzern und stellen uns schon auf Frauchen oder Herrchen ein, das gleich nach ihm aus den Büschen kommt. Aber nichts dergleichen, ganz offen kommt der Schäferhundmischling auf uns zu und läßt sich nach erstem Beschnuppern auch sofort streicheln. Natürlich geben wir etwas von unserer Wurst ab, die er genüßlich verschlingt. Dann ist es Zeit für ein paar weitere Streicheleinheiten. Völlig ohne Scheu legt er sich auf den Rücken und läßt sich richtig durchkraulen. Und wenn wir aufhören hebt er seine rechte Pfote, wie um uns anzustupsen und um mehr zu bitten. Eine kleine Weile legt er sich dann noch zu uns in den warmen Sand am morgendlichen Lagerfeuer, ganz so, als würde er schon immer zu uns gehören. Dann verschwindet er wieder zwischen den Kiefern, vielleicht um bei einer der Familien, die in einiger Entfernung von uns am Ufer des Sees ebenfalls ihr Nachtlager aufgeschlagen haben, auch etwas abzustauben.

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Athos des Nordens

Zwei Mönche sind auf einem kleinen Boot in den meeresgleichen Weiten des Ladogasees unterwegs. Sergei und Herman sind auf der Suche nach einer Stätte, um sich niederzulassen. Plötzlich taucht vor ihnen im blauen Wasser eine kleine, felsige Insel auf. Die beiden betreten diese Insel, und sie beginnt sich zu bewegen; sie bringt die beiden zu einem Archipel aus einundvierzig Inseln im nördlichen Teil des Sees, auf deren größter die Mönche Valaam errichten - heute wieder eines der bedeutendsten Klöster der (russisch-)orthodoxen Welt. Dies soll sich im zehnten Jahrhundert unserer Zeitrechnung zugetragen haben, so erzählt es uns Elena. Die Fremdenführerin mit Strohhut und geblümtem langen Rock spricht hervorragend Englisch und geleitet ihre Gruppe, bestehend aus einem Haufen sehr verschlossener schwedischer Rentner und uns, in ordentlichem Tempo über die Hauptinsel. Freiwillig lassen wir das nicht mit uns machen, aber es geht nicht anders, die Besucher der Klosteranlagen treten nur scharenweise auf und folgen brav den kleinen Schildchen, die überall hochgehalten werden. "Du hörst nicht zu und läufst immer weg", kriegt Jürgen schon bald von Elena zu hören, "deshalb fragst du immer so viel." Da wir lieber Fotos machen, als uns die Klostergeschichte anzuhören, über die wir uns im Vorfeld bereits informiert haben, haben wir bei ihr nicht gerade einen Stein im Brett. Die Geschichte mit dem schwimmenden Felsen ist natürlich eine Legende, erste historische Erwähnungen datieren die Klostergründung eher ins 14. Jahrhundert. Aber ein kleines göttliches Wunder steht Walaams Historie doch besser zu Gesicht.

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Willkommmen in Russland!

"Was schätzst du wie lange wir brauchen bis wir alle Grenzformalitäten hinter uns haben?" fragt mich Ruth, als wir am Morgen vor der anstehenden Grenzüberschreitung nach Russland auf unserem vorerst letzten Campingplatz in Finnland die Blogeinträge der letzten Tage zum Hochladen vorbereiten. Ich tippe auf drei Stunden und denke, daß das optimistisch ist, liest man doch immer wieder unterschiedliche Berichte, daß man bis zu fünfzehn Stempel in unterschiedlichen Gebäuden sammeln muß, bis man endlich durchgelassen wird. Ruth schätzt eineinhalb Stunden. Lassen wir uns überraschen...

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Zwei Nächte unter Bären

Die Stunden verstreichen, mal scheinbar in Windeseile, dann wieder zäh wie Honig; die Lichtstimmungen vor unserem Unterschlupf ändern sich ständig und wir müssen stetig der Versuchung widerstehen, nicht unablässig auf den Auslöser unserer Kameras zu drücken. Auch wenn wir die Kameras im Flüstermodus betreiben, besteht doch die Gefahr, daß das kleinste Geräusch die Bären oder Vielfraße zum Fernbleiben veranlassen könnte. Das Knarren des Holzes, aus dem die Unterstände gebaut sind, das nervtötende Scharren der Plastikstühle auf dem Boden bei unsereren kleinsten Bewegungen, das alles erscheint uns schon zu laut für Bärenohren.

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Unser Reise-ABC - Teil 1 - A bis I

A wie ANGELN

Angeln stellt sich im Saimaa-Seengebiet als einfacher heraus als gedacht: Einfach eine Angelschnur samt Haken an einen längeren Ast befestigen, einen Köder dran (hier reicht auch schon ein Stück Brotkruste!) und ins Wasser hängen. Ein wenig den Köder zappeln lassen und fertig! Auf dieser Reise haben wir zum ersten Mal überhaupt in unserem Leben eine Angelschnur ausgeworfen, weil wir zum einen gerne Fisch essen und zum anderen der eigene Fang eine günstige Bereicherung unserer Speisekarte darstellt. Zu Freizeit- und Spaßanglern werden wir aber vermutlich nicht werden!

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Koli

Tief stosse ich den Spaten ins Erdreich. Einige Stiche sind notwendig und der Boden um mich sieht bald aus als hätte sich eine Rotte Wildschweine darin ausgetobt, bis ich den ersten Wurm entdecke. Er soll uns als Köder für unser Abendessen dienen. Während ich weiter nach Ködern suche werde ich selbst zur Beute von hungrigen Schwärmen von Stechmücken. Schon nach wenigen Minuten fühle ich mich ein wenig wie Quasimodo, über und über bedeckt mit juckenden Beulen. Und so breche ich mit vier Würmern im Glas ab und mache mich auf den Rückweg. Als ich mit matschigen Stiefeln, benutztem Spaten und tief ins Gesicht gezogener Kapuze aus dem Unterholz auf den Campingplatz stolpere, sehe ich den Gesichtern der Eltern, die gerade mit ihren beiden Kindern vor ihrem Wohnmobil stehen, an, was bei meinem Anblick durch ihren Kopf geht: Wen hat der verscharrt? Ich bleibe kurz stehen, lächle ihnen zu und setze meinen Weg Richtung Boot fort, an dem bereits Ruth auf mich wartet.

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In der Stadt der Runensänger und Bären

Die Klänge der Kantele, jenes uralten Saiteninstruments, das schon Väinämöinen, einer der Protagonisten des finnischen Nationalepos Kalevala, spielt, schweben verträumt durch den Raum. Die junge Frau singt dazu mit heller Stimme ein Hochzeitslied, keines aus der Kalevala, wie sie uns erzählt, sondern aus einem der zahlreichen Liederbände, die zum reichen dichterischen Erbe Finnlands zählen. Sie ist eine Art Nachfahrin der heute fast ausgestorbenen Tradition der Runensänger, die in früheren Zeiten Geschichten und Legenden in Versform von einer Generation zur nächsten mündlich weitergaben. "Runen" steht in Finnland nicht für das bekannte altnordische Alphabet, sondern sie sind einfach Gedichte, oft als Gesang vorgetragen.

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Eine neue Heimat

"Ladoga-Valaamo war damals finnisch," sagt die alte Frau fast so, als müsse sie etwas rechtfertigen. "Die Mönche hatten das Recht, die Ikonen mitzunehmen." Ihr Englisch ist gut und auf ihrer blauen Daunenjacke prangt ein Angry Birds-Aufnäher. Sie steht am Eingang der alten Kirche von Neu-Valaamo und ermuntert uns, den Innenraum des schlichten Holzbaus zu photographieren. Der Ladoga-See sei damals, im Winter 1939/40, tief zugefroren gewesen. Marshall Mannerheim habe Soldaten gesandt, sie beluden zusammen mit den Mönchen Schlitten und Fuhrwerke, gut die Hälfte aller Besitztümer des Klosters konnten sie mitnehmen. Auf einige der geretteten Ikonen scheint jetzt die selten mal aufblitzende Nachmittagssonne. Das Kloster Valaamo von einst ist nur noch ein sentimentales Gemälde an der Wand der kleinen Kirche.

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Gegen Wind und Stechmücken im Zeichen des Eichhorns

"Was hat euch in das kleine Nest Juva verschlagen?" fragt uns der junge Ville als wir zusammen mit ihm über den Schotterweg brettern und der Anhänger mit dem Kanu hinter seinem Wagen kräftig schlingert. Um ehrlich zu sein hätten wir vermutlich nie in Juva gehalten, hätten wir nicht vom "Eichhörnchenweg" gelesen, einer Kanuroute entlang kleiner Flüsse und über Seen inmitten menschenleerer Natur.

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Highland Games am Saimaa-See

Eigentlich wollten wir nur schnell nach dem Weg zur Insel Kyläniemi fragen. Als wir das kleine Museumscafé im Örtchen Taipalsaari betreten, kommt es uns ein wenig so vor als platzten wir in die Wohnküche eines finnischen Haushalts. Es duftet nach frischem Kaffee und ehe wir uns versehen sitzen wir mit einer freundlichen Familie an einem Tisch und aus unserer anfänglichen Frage wird ein Gespräch. Bereitwillig geben sie uns Tipps für Wanderungen um Taipalsaari herum und wenn eine Information gerade nicht zur Hand ist, wird schnell auf dem Smartphone nachgeschaut. Sie erzählen uns auch, dass am nächsten Tag im Ort ein kleines Fest mit zahlreichen sportlichen Betätigungen stattfinden würde. Heikki, der Familienvater, berichtet ein wenig von Russland, wo er jahrelang immer wieder zum Tanken hingefahren sei, um so günstiger zu seiner Arbeitsstelle in Westfinnland zu kommen. Auch wenn er nichts Negatives erzählt, so scheint doch den Russen gegenüber ein klein wenig Zurückhaltung spürbar zu sein.

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Ein kleiner Fisch namens Muikku

Die freundliche Verkäuferin am Marktstand häuft Kartoffeln und Gemüse auf den Plastikteller und dann obendrauf gegrillten Lachs und die kleinen, gebratenen Maränen, auf finnisch Muikku. Wir sind vom ersten Bissen an begeistert; den zarten, salzigen Fisch kann man mit Kopf und Gräten verspeisen, und er eignet sich auch wunderbar als Snack mit Knoblauchsauce auf die Hand. Jürgen probiert poro, Rentier, auch nicht übel. Wir sitzen am Hafen, zwischen bunten Ständen voller Leckereien, zwischen kleinen Segelyachten und zahllosen Touristenkähnen, mit schöner Aussicht auf das Rathaus und den schneeweißen Dom. Helsinki wimmelt hier vor Besuchern und Einheimischen, und doch findet man schnell ein gemütliches Plätzchen.

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Durchs "wilde" Baltikum

Auf unserem langen Weg nach Finnland durchfahren wir gleich mehrere spannende Länder, von denen wir aber vor allem Straßen und hie und da einen schönen Campingplatz zu sehen bekommen. Jetzt, wo wir im Land der tausend Seen angekommen sind, können wir nur sagen, dass wir sehr gerne mehr Zeit in jedem der vier durchquerten Länder gehabt hätten.

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In der Mongolei..

.. sind wir noch nicht angekommen. Unserem ursprünglichen Plan nach sollten wir um diese Zeit bereits auf dem besten Wege dort hin sein. Familiäre Gründe zwangen uns aber, dieses Unterfangen um ein paar Jahre zu verschieben. Die neue Route führt uns Richtung Nordosten und zunächst in die Nähe von Dresden, wo zumindest ein kleines Stück Mongolei auf dem Gelände von Freds Ferienwohnungen ein vorläufiges Zuhause gefunden hat. Dort steht nämlich ein wenig versteckt hinten im Garten eine echte, traditionelle mongolische Jurte.

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Der Rote See, der nicht rot ist

Die Sonne versteckt sich langsam hinter den Felsen des Ceahlau-Massivs und ihre letzten Strahlen leuchten golden im Dunst über den Tannenwäldern. Der stattliche weiße Kater Hector der Pension Crusitu schleicht sich langsam die Holztreppe hoch, kommt aber keine Minute später mit lautem Fauchen und blutender Kratzwunde im hohen Bogen wieder heruntergeflogen. Ein paar Federn hat der Vogel auch gelassen, und so versucht es der Kater gleich nochmal. Wir beobachten sein Treiben von der Terrasse unserer Unterkunft aus, wo wir nach einem anstrengenden Wandertag unser rumänisches Abendessen geniessen. Es gibt piept de pui la gratar (gegrillte Hähnchenbrust), cartofi prajiti cu parmezan (Bratkartoffeln mit Parmesan) und köstliche selbstgemachte, mit Blumenkohl gefüllte und sauer eingelegte Tomatenpaprika. Dazu einen grünlichen, leicht nach Kräutern und vor allem Anis schmeckenden Schnaps, der ebenfalls selbstgebrannt und mit Ginseng aus den nahen Bergen verfeinert wurde.

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