Bevor es wieder losgeht, haben wir noch ein paar Kleinigkeiten, die wir ändern möchten. Das meiste hat sich bisher gut bewährt, aber zu verbessern gibt es immer etwas und fertig wird ein Reisefahrzeug eigentlich auch nie. So haben wir auf das Dach noch ein zusätzliches Ersatzrad geschnallt, allerdings nur den Mantel, um das Gewicht so gering wie möglich zu halten. Und eine kleine Kiste zum Verstauen von leichten Gegenständen, die uns im Innenraum immer gestört haben. Jetzt ist der Dicke noch windschlüpfriger als er sowieso schon war.
Die Sonne versteckt sich langsam hinter den Felsen des Ceahlau-Massivs und ihre letzten Strahlen leuchten golden im Dunst über den Tannenwäldern. Der stattliche weiße Kater Hector der Pension Crusitu schleicht sich langsam die Holztreppe hoch, kommt aber keine Minute später mit lautem Fauchen und blutender Kratzwunde im hohen Bogen wieder heruntergeflogen. Ein paar Federn hat der Vogel auch gelassen, und so versucht es der Kater gleich nochmal. Wir beobachten sein Treiben von der Terrasse unserer Unterkunft aus, wo wir nach einem anstrengenden Wandertag unser rumänisches Abendessen geniessen. Es gibt piept de pui la gratar (gegrillte Hähnchenbrust), cartofi prajiti cu parmezan (Bratkartoffeln mit Parmesan) und köstliche selbstgemachte, mit Blumenkohl gefüllte und sauer eingelegte Tomatenpaprika. Dazu einen grünlichen, leicht nach Kräutern und vor allem Anis schmeckenden Schnaps, der ebenfalls selbstgebrannt und mit Ginseng aus den nahen Bergen verfeinert wurde.
Schon von weitem hört man das traurige, herzzerreißende Weinen. Es übertönt das allgegenwärtige Durcheinander aus Bellen und Jaulen in allen Stimmlagen. Ganz hinten, in einem der nicht überdachten Zwinger nahe der Straße, steht er dann vor mir hinter dem Maschendrahtzaun. Ein mittelgroßes Energiebündel, schwarz-weiß gefleckt und mit einem wachen, lieben Gesicht, wie es so viele der Streuner hier haben. An seiner linken Kopfseite klafft eine große, offene Wunde, schon leicht verkrustet und schmutzig. Aber er scheint nicht deswegen zu weinen. Er stürmt sofort auf mich zu, versucht, seinen Kopf durch die engen Maschen des Zaunes zu stecken, schleckt meine Finger ab, die ich ihm entgegenstrecke. Er scheint den Menschen zu vermissen, der vielleicht einmal Herrchen oder Frauchen für ihn war, und von dem er jetzt so weit entfernt ist.