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Cisnadie und die Alpen Rumäniens

Am Morgen erwartet uns ein reichhaltiges Buffet zum Frühstück, es gibt Spiegeleier, Wurst, Käse, Oliven, Tomaten, Paprika, Müsli, Honig, Johannisbeermarmelade und selbstgemachten Apfelkuchen. Der Himmel ist noch bedeckt und im Schatten ist es recht kühl. Und so lassen wir uns Zeit bis wir ins Nachbarörtchen Cisnadie aufbrechen.

Dort befindet sich im Ortskern eine alte Wehrkirche, die von einer Doppelmauer umgeben ist. Wir haben Glück und treffen den Küster mit Schlüssel an, der uns einen Blick hineinwerfen und sogar fotografieren läßt.

In früheren Zeiten dienten solche Kirchenburgen, derer es in Siebenbürgen eine Vielzahl gibt, zum Schutz der Dorfbevölkerung vor feindlichen Übergriffen. Drohte ein solcher aus östlicher Richtung, wurde im 25 km entfernten Avrig ein Feuer entzündet, dessen Rauchzeichen in Cisnadie sogleich zum Glockenläuten führten. Dieses rief die Menschen des Ortes auf, sich samt Vorräten so schnell wie möglich hinter die schützenden Kirchenmauern zu begeben.

Nachdem der Kirchturm im 16. Jahrhundert durch einen Blitzschlag in Brand gesetzt wurde, brachte man einen Blitzableiter an. Der Weg der grünspanigen Kupferleitung läßt sich noch heute von der Turmspitze bis zum Boden verfolgen.

Der prächtige Altar der Wehrkirche, so erzählt uns der Küster, stammt aus der Werkstatt von Veit Stoß und wurde um das Jahr 1520 hergestellt. Der Flügelaltar des immer noch benutzten Gotteshauses wird nur zu bestimmten Zeiten aufgeklappt, wie zum Beispiel demnächst zu Ostern, und gibt dann den Blick auf eine schöne Mariendarstellung frei.

Unterwegs sehen wir den ersten Storch. Das macht uns Hoffnung, daß nun der Frühling tatsächlich vor der Tür steht, wenn schon die ersten Vögel zurückkehren und ihre Nester vom letzten Jahr beziehen. Insgesamt ist es noch recht kühl, wobei wir bisher mit dem Wetter wirklich Glück haben, die Sonne scheint jeden Tag und verbirgt sich nur ab und zu hinter Wolken. Aber gerade in den Bergen liegt noch viel Schnee und die Temperaturen können noch unter Null fallen. Der Natur merkt man an, daß sie in den Startlöchern steht und auf das Erblühen wartet. Einen großen Vorteil hat es allerdings, wenn man so früh im Jahr unterwegs ist: man ist an vielen Orten, die im Sommer teils stark besucht oder fast schon überlaufen sind, alleine unterwegs. Fremde Autokennzeichen sieht man so gut wie keine.

In unseren Dicken haben sich ein paar Begleiter eingeschlichen.

Als die Alpen Rumäniens werden es manchmal bezeichnet: das Fagaras-Massiv oder die Fogarascher Berge, wie sie die Siebenbürger Sachsen nennen. Bis zu einer Höhe von 2544 m (Moldoveanu-Gipfel) erheben sich die zur Zeit noch tief eingeschneiten Felsgipfel in den Himmel. Sie sind zwar nicht unser direktes Ziel, aber der Versuchung, ein paar Runden mit dem Dicken auf einer der schönsten Bergstraßen in Rumänien, dem Transfagarasan, zu drehen, können wir nicht widerstehen.

Aber es kommt wie befürchtet. Erste kleine Schneefelder am Wegesrand deuten an, was spätestens an der Cabana Bâlea dann Gewissheit wird: Wir sind zu früh dran für den Transfagarasan. Ein riesiger Schneehaufen versperrt den Weg, und für den Fall, dass sich jemand durchschaufeln sollte, gibt es ein paar hundert Meter weiter noch eine Betonsperre. Kein Durchkommen also, überhaupt liegt die Bergwelt hier noch im Winterschlaf, nur an der Kabinenbahn wird schon kräftig gewerkelt.

Nach der Enttäuschung erstmal ein paar Muffins am Wegesrand - mit bestem Dank an Jürgens Mutter!

Wir verlassen bei mildem Abendlicht den Kreis (rum. judet) Sibiu und fahren nun in Richtung Brasov. Die Kreisgrenzen sind meist durch mehr oder weniger beindruckende Kolosse aus Stein und Metall gekennzeichnet.

Und so kommen wir am Abend in dem kleinen Ort Bran an und auch hier sind die Busparkplätze, auf denen gewöhnlich ganze Gruppen aussteigen und vorbei an einem verblichenen Holzdracula, der sie willkommen heißt, zur Burg pilgern, vollkommen leer. Bran ist nämlich ein Pflichttermin bei vielen Rumänienreisen, hat es sich doch in vielen Köpfen als die "Draculaburg" festgesetzt, in der Vlad Tepes, das historische Vorbild für die Kunstfigur, gelebt haben soll. Das ist so allerdings nicht ganz richtig. Aber dazu später mehr. Wir legen uns erstmal in der gemütlichen Pension Hermes schlafen.

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