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Was macht ein Reisefotograf, der nicht reisen kann?

Um ehrlich zu sein, eine ganze Menge. Natürlich haben die notwendigen Beschränkungen zur Eindämmung von Covid-19 auch unseren Alltag verändert, und wir mussten einige Reisepläne und Projekte, die wir uns für die kommenden zwölf Monate vorgenommen haben, anpassen, aber so schnell wird uns nicht langweilig werden. Es gibt mehr als genug zu tun, und am Ende bringt es nichts, mit einer Situation zu hadern, die man nicht ändern kann. Und so versuchen wir, uns auf die positiven Aspekte zu konzentrieren.

Kurz vor dem so genannten Lockdown, den die Corona-Pandemie mit sich brachte, hatten wir noch das Glück, unseren Vortrag „Nordwärts“ in Osnabrück vor über 400 Zuschauern zu zeigen. Diese schöne und bereichernde Veranstaltung markierte dann zunächst einen Wendepunkt; geplante Fotoseminare und Vorträge mussten wir absagen oder unterbrechen und der Umsatz im Buchhandel ist stellenweise um 90 Prozent eingebrochen. Die Reisebeschränkungen trafen vor allem den Bereich der Reiseliteratur hart, da sie die Lust auf das Verreisen grundlegend beeinträchtigen. Aber auch unsere zukünftigen Projekte, die wir ab Mai angehen wollten, benötigten eine Anpassung an die bestehende Situation.

Ende Juli beginnt Ruths Sabbatjahr und uns stehen insgesamt 13 Monate zum Reisen zur Verfügung. Unser erster Weg wird uns einige Tage nach Wien führen, wo wir gemeinsam mit meinen Eltern ihre Goldene Hochzeit feiern werden. Direkt im Anschluss brechen wir Richtung Norden auf und bleiben rund zwei Monate in Finnland, bevor es im Herbst nach Rumänien geht. Im kommenden Frühjahr werden wir zunächst in den Süden Europas reisen, nach Spanien, und danach weit in den Osten, nach Russland. In den jeweiligen Ländern werden wir spannende Foto-Projekte verfolgen, über die wir zu gegebener Zeit Näheres berichten werden.

So zumindest sind die aktuellen Pläne, immer vorausgesetzt, dass es nicht zu erneuten Grenzschließungen kommt. Aber selbst dann werden wir das Beste daraus machen und schauen, was möglich sein wird. In den letzten Wochen haben wir es genossen, die Zeit Dingen zu widmen, die sonst häufig zu kurz kommen. Das ist neben dem Werkeln in und um das Haus und dem Sortieren der Tausenden von Fotos unseres Bildarchivs momentan unser Garten. Wir lernten unsere ruhige Wohnlage und das Schöne in der unmittelbaren Nähe noch mehr zu schätzen, als wir es ohnehin schon taten. Es zeigt sich, dass das Faszinierende häufig gar nicht so weit in der Ferne liegt, sondern manchmal wortwörtlich direkt vor der eigenen Haustüre.

Seit einigen Tagen füllen die jungen Spatzen unseren Garten mit Leben und buntem Treiben, zanken sich um Futter, ärgern Blau- und Kohlmeisen und sitzen mit weit aufgerissenen Schnäbeln im Gras und warten auf die Fütterung durch ihre Eltern. Ein Amselpapa erkundet zusammen mit seinem frisch geschlüpften Nachwuchs die Gegend, während in einem Baum Ringeltauben nisten und immer wieder Buntspechte einen längst abgestorbenen Pflaumenbaum als perfekte Nahrungsquelle für sich nutzen. Über alledem kreisen in regelmäßigen Abständen Rotmilane, die auf der Suche nach Beute sind und meist recht schnell von Raben vertrieben werden, die ihrerseits ihren Nachwuchs schützen. In einem Gemäuer in der Nähe nisten Turmfalken und wir hoffen, bald das Schlüpfen der Jungen beobachten zu können.

Jede Woche erblühen neue Blumen, bevölkern Bienenschwärme den Lavendel und sorgen Hummeln für ein angenehmes Brummen während sie tief in die Blüten kriechen, um den Nektar zu sammeln.

Nimmt man sich die Zeit, dann kann man förmlich in eine ganz eigene und teilweise fast fremdartig erscheinende Welt eintauchen, voller beeindruckender Details.

Auch wenn wir uns sehr auf unseren nächsten Trip durch das Donaudelta freuen, auf die Artenvielfalt und Natur dort, so ist es doch schön zu sehen, dass es auch direkt vor der eigenen Haustüre so viel Spannendes zu entdecken und beobachten gibt. Und Einiges davon hätten wir mit Sicherheit verpasst, wären wir unterwegs gewesen. Jeder Einschränkung kann man am Ende auch etwas Positives abgewinnen und sich auf die schöne Seite konzentrieren, anstatt immer nur die negativen Auswirkungen zu sehen.

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